Startup Pivot: wenn Startups sich neu erfinden
Wer als Startup-Gründer in der Frühphase eine strategische Kehrtwende einleitet, rettet womöglich die erklärten Visionen und wirtschaftlichen Ziele: Laufen die Dinge nicht wie erwartet, so kann ein Startup Pivot das frisch gegründete Startup wieder oder besser gesagt endlich auf einen nachhaltigen Erfolgskurs bringen. In jedem Fall muss rechtzeitig gehandelt werden, bevor alle finanziellen Reserven und somit Handlungsspielräume erschöpft sind. Hier erfährst Du anhand vieler interessanter Beispiele, wie ein Startup Pivot funktionieren kann.
Ein Startup Pivot als strategische Neuausrichtung
Du möchtest ein Startup gründen und dich im Vorfeld auf alle möglichen Szenarien ganzheitlich vorbereiten? Dann solltest Du dich hier mit der Option eines Pivots vertraut machen. Darunter wird in der aufstrebenden Gründerszene eine radikale Änderung eines vorhandenen Geschäftsmodells verstanden.
Diese Aktivität der strategischen Neuanpassung wird auch ‚pivoting‘ genannt. Der Begriff selbst stammt aus dem Englischen. Er heißt so viel wie ‚Wendepunkt‘: Auch (und vor allem) junge Unternehmen können demnach sehr schnell an einen kritischen Punkt gelangen, der eine strategische Neuausrichtung erfordert.
Wer stehen bleibt, hat im globalen Wettbewerb schnell verloren
Ziel der Neuausrichtung durch einen Startup Pivot soll es sein, das Unternehmen nachhaltig erfolgreich zu machen. Die theoretische Grundlage für dieses Konzept bietet die Lean Startup Methode, die auf Eric Ries zurückgeht.
Von zentraler Bedeutung ist, dass die Unternehmensvision nicht durch einen Pivot beeinflusst wird (Was willst Du mit deinem Unternehmen wertebezogen erreichen?). Vielmehr bezieht sich der Kurswechsel auf Produkte, Zielgruppen oder Vertriebskanäle.
Die anschaulichen Praxisbeispiele im weiteren Verlauf werden Dir zeigen, wodurch ein Pivot ausgelöst werden kann. Vor allem sich ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder das Verhalten der Kunden machen einen Startup Pivot oft unumgänglich.
Startup-Szene: flexible Geschäftsmodelle sind gefragter denn je
Strategische Flexibilität liegt in der Natur innovativer Startups. Innovative Produkte und eine hohe Skalierbarkeit erfordern es, genau auf die Bedürfnisse am Markt strategisch einzugehen. Nur so kann ein Geschäftsmodell letztlich durch Wandlungsfähigkeit erfolgreich werden.
Schließlich ändern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch ständig. Du solltest Dir als engagierter Startup-Unternehmer im Klaren darüber sein, dass ein Pivot keinesfalls aus einer Laune heraus umgesetzt werden sollte: Eine strategische Neuausrichtung erfordert immer eine gründliche Problemanalyse des IST-Zustandes.
Und wer das Geschäftsmodell für ein Startup von vorneherein flexibel anlegt, wird womöglich gar keinen ganz radikalen Kurswechsel vornehmen müssen (auch wenn diese Option nie ausgeschlossen werden kann). Analysen und Marktdaten sollten mit hoher Wahrscheinlichkeit belegen, dass der neue Weg für das Startup der bessere ist.
Wichtig mit Blick auf einen Pivot ist, dass Investoren und bereits bestehende Kunden informiert und überzeugt werden. Denn es kann durchaus der Fall sein, dass sie ursprünglich in ein ganz anderes Geschäftsmodell investiert haben.
Welche Arten von Startup Pivots werden unterschieden?
Wenn Du dich mit den wichtigsten Arten eines Startup Pivots befasst, erkennst Du schnell mögliche strategische Ansatzpunkte. Typische Handlungsfelder zeigen sich in der Produktanpassung, der anvisierten Zielgruppe oder aber in der Veränderung der Monetarisierungsstrategie (z.B. Preismodell).
Bei einem Zoom-out-Pivot wird ein Produkt generalisiert. Ein zuvor zentrales Feature als Alleinstellungsmerkmal wird somit entkräftet, da es nicht den gewünschten Effekt gebracht hat.
Bei einem Zoom-in-Pivot passiert das Gegenteil: Vorgenommen wird die Fokussierung auf ein erfolgversprechendes Feature. Wichtige Hinweise kann dir hier der CLV (Customer Lifetime Value) geben.
Erweist sich die Zielgruppe als falsch, so wird bei einem Customer-Segment-Pivot eine neue ins Auge gefasst und speziell auf deren Bedürfnisse eingegangen.
Bei einem Customer-Need-Pivot bleibt die Zielgruppe die gleiche, ihr wird aber ein neues Produkt angeboten. Denkbar ist auch, dass der Geschäftskundenbereich (B2B) zugunsten des Privatkundenbereiches (B2C) aufgegeben wird oder umgekehrt. Das nennen Fachleute auch Business-Architecture-Pivot.
Verkaufszahlen und Kundenfeedback können ergeben, dass grundlegende technologische Veränderungen notwendig sind, was als Technology-Pivot bezeichnet wird. Und wenn eine neue strategische Positionierung über das Preismodell oder auch den Service erfolgt, wird von einem Business-Modell-Pivot gesprochen.
Beispiele für Startup Pivots: Mit welchen Maßnahmen kommt der unternehmerische Erfolg (zurück)?
Dir ist das alles bis dato zu theoretisch? Dann wird es Zeit für einige Beispiele erfolgreicher Startup Pivots. Die Frage jeweils ist, wie eine vorhandene Schwäche/Wachstumsbremse geändert wurde, um das Unternehmen auf einen Erfolgskurs zu bringen.
Beispiel 1: Apple
Viele der Unternehmen, die einen Pivot durchgeführt haben, sind heute weltbekannt, sehr erfolgreich und werden hoch bewertet. So etwa der Computergigant Apple, der sich weltweit eine sehr treue Fangemeinde aufgebaut hat.
Zu Beginn handelte es sich um eine kleine Computerfirma unter der Führung des berühmten Steve Jobs, die sich mit dem Verkauf von elementarem Computerzubehör befasste. Schnell war den weitsichtigen Gründern klar, dass sich mit diesem Geschäftsmodell langfristig keine Skalierung erreichen lässt. Eine eigene, unverkennbare Marke musste her!
Und die Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf, als Apple seine ersten Produkte bis hin zum IPod und IPhone auf den Markt brachte. Aus der ehemaligen Garagenfirma ist ein Weltunternehmen geworden, das einen geschätzten Wert von derzeit 300 Milliarden US Dollar aufweist. Der in der Frühphase vorgenommene Startup Pivot hat Apple zu einer der wertvollsten Firmen der Welt gemacht.
Beispiel 2: Groupon
Sparfüchse kennen mit Sicherheit die Dienste von Groupon, doch die Frühphase dieses Unternehmens ist nur den wenigsten ein Begriff. Ursprünglich wurde das Projekt mit der Domain thepoint.com gestartet.
Ziel war es, Menschen zum Spenden und für gemeinsame Aktivitäten zu bewegen. Doch der Erfolg blieb aus, sodass eine strategische Neuausrichtung erforderlich war. Anvisiert wurde eine größere, weltweite Zielgruppe mit dem Anreiz, Geld sparen zu können.
Das war die Geburtsstunde von Groupon, einem weltweit millionenfach genutzten Service, um bei diversen Dienstleistungen Geld zu sparen. Der wirtschaftliche Erfolg lässt sich am aktuellen Marktwert ablesen, der von Experten auf etwa 25 Milliarden Dollar geschätzt wird.
Beispiel 3: Instagram
Startup Pivots werden häufig von innovativen Unternehmen durchgeführt, die sich im digitalen Sektor bewegen. Insofern liefert der weltweit bekannte und millionenfach genutzte Dienst Instagram eine weitere Story für geglückte Startup Pivots.
Nur die wenigsten wissen, dass die Reichweite unter dem ersten Projektnamen ‚Burbn‘ sehr gering war. In der Frühphase dieser App ging es darum, sich an bestimmten Locations einzuloggen, dort Punkte für das Abhängen mit Freunden zu sammeln und gemeinsame Fotos auf der App zu teilen.
Heute ist Instagram (als Teil von Facebook) eine reichweitenstarke Plattform mit großem Werbepotenzial, die nicht nur Privatpersonen nutzen. Auch die Funktionalität hat nach dem vorgenommenen Pivot deutlich zugenommen, denn Fotos können mit diversen Optionen bearbeitet und individualisiert werden. Immer mehr Unternehmen nutzen die Überzeugungskraft von Bildern und der dahinter stehenden Geschichten für ihre Werbezwecke.
Beispiel 4: Starbucks
Starbucks ist für Genießer der Kaffeekultur heute in fast jeder Innenstadt präsent. Aus der Marke hat sich ein regelrechter Kult entwickelt, mit dem das erfolgreiche Unternehmen auch relativ hohe Preise problemlos am Markt durchsetzen kann.
Das war nicht immer so, denn im Gründungsjahr 1971 verkaufte das junge Unternehmen Kaffeemaschinen und Bohnen. Nachdem einer der Gründer dabei buchstäblich auf den guten Geschmack von Kaffee gekommen ist, entwickelte er daraus die heute bekannte Idee eines stylischen ‚Kaffeehauses‘. Heute ist die kultige Marke für ein exklusives Flair und viele Kreationen rund um Kaffeegenuss bekannt, die zudem saisonal wechselnde Geschmacksreize setzen.
6 weitere Beispiele für Startup Pivots, die die Welt veränderten
Unternehmen wie Twitter, PayPal, Nokia und Nintendo sind zu bekannten Namen geworden, aber keines von ihnen operiert heute so, wie es sich die Gründer ursprünglich vorgestellt hatten. Diese erfolgreichen Unternehmen waren einst Startups, die durch wichtige Pivots gingen und die Welt, wie wir sie heute kennen, entscheidend mitgeprägt haben.
Quelle: WhoIsHostingThis.com
Visionäre haben ein Gespür für Erfolg
Einzig Visionären wie Steve Jobs scheint ein gewisses Gespür für Trends mit in die Wiege gelegt worden sein, das jedem Existenzgründer nur helfen kann. Zeigt sich aber nach wenigen Monaten nach dem Startup, dass die ursprüngliche Geschäftsidee nicht weiter führt, so kann die Lösung vor dem Scheitern nur ein Pivot sein.
Insofern sollte das auszuarbeitende Geschäftsmodell niemals als starres Konstrukt gesehen werden. Vielmehr sollte es schon Lösungen parat halten, wie mit identifizierten Schwächen und Risiken umgegangen werden soll.
Insgesamt sollten dir die Beispiele und Schilderungen zeigen, dass der Begriff Startup Pivot positiv bewertet werden sollte. Er beschreibt die Anpassungsfähigkeit von Unternehmern, sich neuen Situationen fokussiert zu stellen und neue Ziele konsequent zu verfolgen. Denn es hat im Businessalltag noch nie Sinn gemacht, nachweislich falsche Ziele und Strategien weiter zu verfolgen.
Fazit: Was Du aus den Startup Pivot Beispielen lernen kannst
So wichtig eine gute Geschäftsidee und ein erstes Geschäftsmodell für nachhaltigen Erfolg und vor allem auch die Gewinnung von Investoren sind: Die geschilderten Startup Pivots verdeutlichen, dass die Planbarkeit ihre Grenzen hat.
Insofern lehren uns die Beispiele heute weltweit erfolgreicher Startups und Unternehmen, dass strategische Flexibilität wichtiger denn je ist. Nur mit diesem Wettbewerbsvorteil lässt sich dauerhaft eine Existenzberechtigung im harten globalen Konkurrenzkampf sicherstellen.
Dabei sollte strategische Flexibilität niemals mit Beliebigkeit oder Wankelmütigkeit verwechselt werden. Erfolgreich kann ein strategischer Kurswechsel für ein aufstrebendes Startup nur sein, wenn er ganzheitlich durchdacht ist und sich nah an der Zielgruppe orientiert. Denn am Ende bezahlt nicht das Geschäftsmodell deine Rechnungen, sondern deine Kunden. Also gib ihnen, was sie wollen. So wird am Ende einer Achterbahnfahrt auch alles gut.