Digitale Grundrechte stärken

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Heinrich von Kleist, Wandbild Berlin, Grunewaldstraße 92

Digitale Grundrechte stärken

(Heinrich von Kleist, Wandbild Berlin, Grunewaldstraße 92)

 

Verbriefte Grundrechte sind wichtig für Freiheit. Und Freiheit ist nicht nur schön sondern auch Grundlage für Innovation. Der Erfolg unserer Gesellschaften (nicht nur) in Europa ist davon wesentlich geprägt. Es war ein langer Kampf durch das finstere Mittelalter über Manchester-Kapitalismus, Nationalsozialismus bis zu unserer freiheitlichen Grundordnung. Ein Zeugnis dieses Freiheitskampfs ist das Volkslied:

 

Die Gedanken sind frei… wer kann Sie erraten.

 

Durch die Weiterentwicklung der Technik und der sozialen Medien sind wir nun aber an einem Punkt an dem dieses Lied nur durch das Weglassen eines Buchstabens unsere Situation fast besser beschreibt:

 

Die Gedanken sind frei… (w)er kann Sie erraten.

 

Menschen brauchen Regeln. Menschen verstoßen aber auch gerne mal gegen Regeln. Aber ohne Regel - Chaos.

Menschen brauchen Regeln. Menschen verstoßen aber auch gerne mal gegen Regeln. Aber ohne Regel – Chaos.

Nein, nein, bitte weiterlesen. Kein Fortschritts-Bashing. Iterationen unseres Rechtsrahmens sind notwendig. Deshalb unterstütze ich die Intitaive: Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union.

 

Schon 2010 konnte man erkennen, dass die massive freiwillige Preisgabe von Daten und die intensive Datenaggregation durch die Nutzung des Internets zu Problemen mit der Privatsphäre (der Keimzelle der individuellen Freiheit) führen könnte. Das offenbarende Statement kam von Mark Zuckerberg, als er blubberte, dass Privatheit ein überholtes Konzept sei.

 

People have really gotten comfortable not only sharing more information and different kinds, but more openly and with more people. That social norm is just something that has evolved over time.

 

Das ist seine (selber erfundene) Rechtfertigung Privatheit in Frage zu stellen. Keine wissenschaftliche Herleitung. Einfach die Behauptung aufgestellt – Privatheit sei ein überholtes Konzept. Vorsicht an der Stelle: Oft genug wiederholt, beginnen (nicht nur) Amerikaner ihre eigenen Behauptungen zu glauben. Oft genug wiederholt wird Statement zur Wahrheit und geistert durch die Welt. Besser und wahrer wird die Behauptung dadurch nicht, führt aber zu gefährlichen Auswirkungen.

 

Spätestens als Alexander Nix, CEO von Cambridge Analytica, damit prahlte, dass seine Datenfirma wesentlich zum Wahlsieg von Donald Trump beigetragen hat, wird das Ausmaß der Bedeutung klar. Erkenntnisse über die Meinung von Menschen und das Bespielen dieser Leute mit oft frei erfundenen, tendenziösen Meldungen läßt eine neue Qualität der Beeinflussung erahnen, denen sich einzelne nur mehr schwer entziehen können.

 

 

Im Februar 2017 schwang sich nun Mark Zuckerberg auf und führt in einem langen Post auf Facebook aus, wie er (also Facebook) nun die Welt retten könne: mit und durch Facebook – Building Global Community. Bitte beachten: er nutzt sein eigenes Medium. Keine Chance zur Kontrolle durch einen Herausgeber oder journalistischen Prüfung des Wahrheitsgehalts. Natürlich ist es begrüßenswert, wenn eine Utopie in den Raum gestellt wird, die durch die enorme Reichweite von Facebook auch eine Chance auf breite Wahrnehmung und Rezeption der Gedanken erhält.

 

Aber allein durch diesen Reichweiten-Vorteil sind auch alle ergänzenden oder kritischen Meinungen dazu schon im Nachteil. Und es gibt gewichtige Argumente, die Grenzen der Utopie von Mark Zuckerberg aufzeigen: Yuval Noah Harari, Publizist, schreibt über die Zukunft die uns Facebook prophezeit:

 

Facebook’s manifesto has blind-spots. It repeatedly refers to “our collective values”, which will supposedly underpin the global community, without specifying what these collective values are. Alas, as of 2017, humankind has no agreed set of collective values.

 

Zu diesen „collective values“ gehören auch Digitale Grundrechte. Wie schwer sich Facebook mit Regulierung aber tatsächlich tut zeigt die Reaktion aus dem März 2017 auf die Gesetzesinitiative von Bundesjustizminister Maas zur Bekämpfung von Fake-News. Facebook (www.lto.de) wörtlich:

 

Der Rechtsstaat darf die eigenen Versäumnisse und die Verantwortung nicht auf private Unternehmen abwälzen. Die Verhinderung und Bekämpfung von Hate Speech und Falschmeldungen ist eine öffentliche Aufgabe, der sich der Staat nicht entziehen darf...

 

Bitte richtig verstehen: kein Technologie-Bashing. Die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens ist angezeigt. Aus der Mächtigkeit der technischen Möglichkeiten und des widersprüchlichen Verhaltens von Tech-Giganten und deren Manager/Eigentümer ist es einfach zwingend notwendig zu reagieren. Sie können hier mitwirken: Digitale Grundrechte stärken! Und darüber würde ich mich sehr freuen.

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Hermann Hohenberger

Phase 1 im Berufsleben: Privater Hörfunk, Moderation, Vertrieb, Studioleitung, Geschäftsführung. Phase 2: Internet: M&A, Geschäftsführung, Vertriebsaufbau, SEO, Troubleshooting. Und jetzt: 2. Karriere: als Geschäftsführer hier Gründer motivieren, unterstützen und die Region weiter bringen.

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