Business Model Canvas: Geschäftsmodelle kompakt visualisieren
Uns erreichen immer wieder Anfragen, wie man denn das „Business Model Canvas“ zur Entwicklung von Geschäftsmodellen im Detail nutzt. Wir haben uns für euch ins Zeug gelegt und werden in diesem Post alles zum Business Model Canvas erklären.
Doch bevor wir tiefer in dieses Thema einsteigen, sollten wir noch einen Blick auf den Ansatz der Geschäftsmodellentwicklung werfen, der diese Wunderwaffe des Entrepreneurship hervorgebracht hat.
Business Model Generation erobert die Welt
Eine der Kernvoraussetzungen für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Start-Ups und Unternehmen im heutigen Zeitalter ist die Fähigkeit, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln.
In den letzten Jahren hat deshalb die Anzahl von Ansätzen zur Geschäftsmodellentwicklung stark zugenommen. Allerdings weisen diese wesentliche Unterschiede, z. B. im Detaillierungsgrad oder beim Vorgehen auf.
Ein ganz bestimmter Ansatz zur Geschäftsmodellentwicklung der jüngeren Vergangenheit spielte sich dabei besonders in den Vordergrund: „Business Model Generation“ von Alex Osterwalder und Yves Pigneur.
Osterwalder und Pigneur entwickelten ihren „Business Model Generation“-Ansatz basierend auf Fallbeispielen, eigenen Erfahrungen sowie den Erfahrungen von 470 Praktikern aus 45 Ländern.
Zudem wirkte eine Online-Community an der Entwicklung des Ansatzes mit. Herausgekommen ist auch ein Buch, das ein Muss für jeden Gründungsinteressierten und Geschäftsmodell-Verantwortlichen ist.
Business Model Generation gilt im Entrepreneurship als meistgenutzter Ansatz zur Entwicklung von Geschäftsmodellen und wird von weltweit führenden Unternehmen wie z.B. General Electric, SAP oder Intel zur Geschäftsmodellentwicklung und -innovation genutzt.
Business Model Generation verfolgt das Ziel, systematisch neue Geschäftsmodelle zu erfinden, zu gestalten, umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Ein weiteres Ziel war die Entwicklung eines für jedermann verständlichen Geschäftsmodellkonzepts, das die Beschreibung und Diskussion eines Geschäftsmodells erleichtert, intuitiv erfassbar und visuell darstellbar macht. Osterwalder und Pigneur tüftelten an einer Lösung für diese Herausforderung, und heraus kam:
Das Business Model Canvas im Detail
Das Canvas beinhaltet neun Geschäftsmodellelemente, sog. „Geschäftsmodellbausteine“. Durch diese Bausteine lässt sich ein Geschäftsmodell intuitiv, strukturiert und kompakt auf einer DIN-A4-Seite visualisieren.
Das „Business Model Canvas“ (Quelle: https://strategyzer.com/canvas)
Osterwalder und Pigneur beschreiben die neun Geschäftsmodellbausteine (Geschäftsmodellelemente) folgendermaßen:
Kundensegmente (Customer Segments)
Da eine Organisation immer ein oder mehrere Kundensegmente bedient, definiert dieser Baustein verschiedene Gruppen von Personen oder Organisationen, die ein Unternehmen erreichen und bedienen will.
Dabei gibt es verschiedene Arten von Kundensegmenten. Als Beispiele werden
- der Massenmarkt (keine Unterscheidung einzelner Kundensegmente)
- ein Nischenmarkt
- segmentierte Märkte
- diversifizierte Märkte und
- Multi-sided Platforms (oder Multi-sided Markets)
genannt.
Wertangebote (Value Proposition)
Ein Unternehmen versucht anhand von Wertangeboten, Kundenprobleme zu lösen und deren Bedürfnisse zu befriedigen. Dieser Baustein beschreibt Produkte, Dienstleistungen und den Nutzen, der für ein Kundensegment gestiftet wird.
Der Nutzen für Kunden kann dabei
- in der Neuheit (z. B. kein vergleichbares Produkt)
- in der Leistung (i. S. v. Verbesserung einer Produkt- oder Serviceleistung)
- in der Anpassung an Kundenwünsche
- in der Erleichterung der Arbeit
- im Design
- in der Marke
- im Status
- im Preis
- in der Kostenreduktion
- in der Risikominderung
- in der Verfügbarkeit oder
- in der Bequemlichkeit/Anwenderfreundlichkeit
liegen.
Kanäle (Channels)
Dieser Baustein beschreibt, wie durch Kommunikations-, Distributions- und Verkaufskanäle Kundensegmente erreicht und angesprochen werden, um ein Wertangebot zu vermitteln.
Als Kanaltypen könnten bspw. die eigene Verkaufsabteilung, der (eigene) Onlineshop, soziale Netzwerke, eigene Filialen, Partnerfilialen oder Großhändler gelten.
Kundenbeziehungen (Customer Relationships)
In diesem Baustein werden die Arten von Beziehungen beschrieben, die ein Unternehmen mit jedem Kundensegment eingeht.
Dabei werden verschiedene Kategorien von Kundenbeziehungen unterschieden:
- die persönliche Unterstützung (z.B. Kommunikation mit einem echten Kundenberater)
- die individuelle persönliche Unterstützung (z.B. Concierge-Service)
- die Selbstbedienung (keine direkte Beziehung zum Kunden)
- automatisierte Dienstleistungen (komplexere Form der Kundenselbstbedienung)
- Communitys (z.B. Online Communities) und
- die Mitbeteiligung (Wertschöpfung des Unternehmens gemeinsam mit Kunden)
Einnahmequellen (Revenue Streams)
Mit diesem Baustein werden die Einkünfte beschrieben, die ein Unternehmen aus jedem Kundensegment generiert.
Diese Einkünfte können z. B. durch
- den Verkauf von Wirtschaftsgütern
- das Anbieten von Dienstleistungen
- Nutzungsgebühren
- Mitgliedsgebühren
- Verleih/Verkauf/Leasing
- Lizenzen oder
- Werbung
erzielt werden.
Schlüsselressourcen (Key Resources)
Schlüsselressourcen sind wichtige und notwendige Wirtschaftsgüter, um das Geschäftsmodell zu betreiben.
Osterwalder und Pigneur kategorisieren diese in:
- physische (z.B. Fertigung, Logistik, Vertriebsnetzwerke)
- intellektuelle (z.B. Patente, Marken, Copyrights)
- menschliche (z.B. gut geschultes Verkaufspersonal) und
- finanzielle Ressourcen (z.B. Barmittel, Kreditlimits).
Schlüsselaktivitäten (Key Activities)
Schlüsselaktivitäten sind die notwendigen Dinge, die ein Unternehmen tun muss, damit dessen Geschäftsmodell funktioniert.
Dazu gehören z. B.:
- die Produktion (Design, Fertigung, Logistik)
- die Problemlösung (Entwicklung neuer Lösungen, Wissensmanagement, Schulungen) und
- die Plattform bzw. das Netzwerk (Plattformmanagement, Plattformwerbung).
Schlüsselpartnerschaften (Key Partnerships)
Die Schlüsselpartner sind ein Netzwerk von Lieferanten und Partnern, das notwendig ist, um das Geschäftsmodell zu betreiben.
Als Motivation für die Bildung von Partnerschaften nennen Osterwalder und Pigneur
- die Optimierung der Verteilung von Ressourcen und Aktivitäten
- die Ausnutzung von Mengenvorteilen
- die Minderung von Risiken und Unsicherheiten und
- die Akquise bestimmter Ressourcen und Aktivitäten (z.B. Outsourcing).
Kostenstruktur (Cost Structure)
Dieser Baustein beschreibt die Kosten, die entstehen, wenn ein Geschäftsmodell betrieben wird.
Die Kostenstrukturen lassen sich in
- Fixkosten
- variable Kosten
- Mengenvorteile (Skaleneffekte) und
- Verbundvorteile (Verbundeffekte) untergliedern.
Der Geschäftsmodell-Gestaltungsprozess in fünf Phasen
Nun kennst du alle neun Geschäftsmodellbausteine und was sie bedeuten. Möchtest du nun dein eigenes Geschäftsmodell entwerfen, wird folgender Gestaltungsprozess in fünf Phasen empfohlen.
1. Mobilisieren
In dieser ersten Phase des Geschäftsmodell-Gestaltungsprozesses findet die Festlegung der Projektziele, das Testen vorläufiger Ideen, die Planung des Projektes und ggfs. die Zusammenstellung des Teams statt.
2. Verstehen
Diese Phase hat zum Ziel, ein grundlegendes Verständnis für das (Geschäftsmodell-) Umfeld zu entwickeln, die Probleme und Bedürfnisse potenzieller Kunden (deiner Zielgruppe) zu identifizieren und Ideen für neue Geschäftsmodelle zu gewinnen.
Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, ein eingehendes Verständnis des potenziellen Zielmarktes zu entwickeln und über traditionelle Grenzen des Zielmarktes hinauszuschauen. An dieser Stelle möchten wir dir eine weitere Methode ans Herz legen, die ebenfalls aus der Feder von Osterwalder und Pigneur stammt: Value Proposition Design.
Hier liegt der Fokus auf einer Frage, die von vielen Start-Ups und etablierten Unternehmen immer noch viel zu selten gestellt und vor allem beantwortet wird:
Was wollen deine Kunden wirklich? Nur wenn du diese Frage zu 100% beantworten kannst, kann dein Geschäftsmodell ein Erfolg werden!
3. Gestalten
Die Ergebnisse, Informationen und Ideen der vorhergehenden Phase fließen nun in die Gestaltung von Geschäftsmodell-Prototypen. Diese werden getestet und letztlich ein Prototyp ausgewählt.
Bei Start-Ups, die sich in einer frühen Phase befinden, wird empfohlen, das Geschäftsmodell auf Herz und Nieren gemeinsam mit potenziellen Kunden („early adopters“) zu testen.
4. Implementieren
In dieser Phase wird der ausgewählte Geschäftsmodell-Prototyp in der Praxis implementiert. Oftmals wird in etablierten Organisationen die Implementierungsphase in einem Business Plan skizziert und im Rahmen des Projektmanagements dokumentiert.
5. Durchführen
In der letzten Phase werden das Umfeld und das Geschäftsmodell kontinuierlich analysiert und bewertet. Auf Basis der Marktreaktionen wird das Modell angepasst oder verändert.
Fazit: Geschäftsmodelle einfach und kompakt visualisieren mit dem Business Model Canvas
Ein explizites Ziel von Osterwalder und Pigneur mit dem Business Model Canvas war die Entwicklung eines für jedermann verständlichen Geschäftsmodellkonzepts, das die Beschreibung, Entwicklung und Diskussion eines Geschäftsmodells erleichtert, intuitiv erfassbar und visuell darstellbar macht.
Der Ansatz von Osterwalder und Pigneur stellt dabei in erster Linie ein Beschreibungsraster für Geschäftsmodelle dar. Er verfolgt jedoch auch das Ziel, systematisch neue Geschäftsmodelle und Geschäftsideen zu finden, zu gestalten, umzusetzen und ggfs. weiterentwickeln zu können.
Wenn du jetzt Lust hast, dein eigenes Geschäftsmodell aufzustellen und zu testen, findest du hier das Canvas zum Download bei strategyzer.com.
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