Dynamic Capabilities: mit Agilität und Innovation zum Erfolg
Durch die stetig zunehmende Globalisierung ist der Wettbewerb zwischen Unternehmen dynamischer geworden.
Dies bedeutet gleichzeitig neue Chancen für agile Unternehmen, neue Märkte zu erobern und sich mit innovativen Produkten einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu sichern.
Eine der Voraussetzung hierfür ist die schnelle und angemessene Reaktion auf sich verändernde Marktbedingungen. Die Theorie der Dynamic Capabilities beschreibt, wie dies gelingen kann.
Was sind Dynamic Capabilities?
„Dynamic Capabilities“ bezeichnet die Fähigkeiten eines Unternehmens, interne und externe Kompetenzen zu integrieren, aufzubauen und neu zu konfigurieren, um sich schnell ändernden Umgebungen anzupassen.
Sie vereinen die widersprüchlichen Vorstellungen, dass ein Unternehmen stabil genug sein kann, um einen unverwechselbaren, ursprünglichen Wert zu liefern, und adaptiv genug, um sich zu verändern, wenn die Bedingungen dies erfordern.
Diese Managementtheorie wurde von David Teece, Gary Pisano und Amy Shuen in einem 1997 erschienenen Artikel mit dem Titel „Dynamic Capabilities and Strategic Management“ definiert.
Dynamic Capabilities unterscheiden sich von funktionalen Fähigkeiten oder den Fähigkeiten eines Unternehmens auf Nullniveau.
Dynamic Capabilities sind im Kontext eines in zwei Ebenen unterteilten Gesamtfunktionsportfolios eines Unternehmens leichter zu verstehen.
Auf der ersten Ebene befinden sich operative und andere gewöhnliche Fähigkeiten. Dies sind erlernte Prozesse, die im Prinzip in jedem Unternehmen einer Branche ablaufen.
Ein Beispiel für einen solchen Prozess ist der Bau eines Montagewerks für Motorräder. Es ist ein klar definierter Prozess mit bekannten Präzedenzfällen und Standards.
Teece hat Funktionen auf Nullniveau mit „Best Practices“ bezeichnet. Die funktionalen Fähigkeiten konzentrieren sich häufig auf die operativen und technischen Fähigkeiten des Unternehmens.
Über dieser Basisebene befindet sich die zweite Ebene mit den Dynamic Capabilities. Diese Ebene kann nach Teece wiederum in sog. Mikrofundamente und Fähigkeiten höherer Ordnung unterteilt werden.
Mikrofundamente umfassen die Anpassung und Rekombination der vorhandenen normalen Fähigkeiten eines Unternehmens sowie die Entwicklung neuer Fähigkeiten.
Dies sind Dynamic Capabilities zweiter Ordnung. Durch sie wird die Entwicklung neuer Produkte, die Expansion in neue Vertriebsregionen und andere Maßnahmen, dargestellt.
Darüber sind die hochrangigen Dynamic Capabilities angeordnet, mit denen das Management, unterstützt durch organisatorische Prozesse, potenzielle Wege für die Zukunft ausfindig macht und Geschäftsmodelle entwickelt, um neue oder geänderte Chancen zu nutzen.
Dynamische Fähigkeiten sind einzigartig. Sie sind häufig an originelle Geschäftsmodelle und -praktiken gebunden, was die Nachahmung erschwert und die Erstellung, Erweiterung und Änderung innerhalb eines Unternehmens ermöglicht.
Ein oft zitiertes Beispiel für die Nutzung von Dynamic Capabilities ist die Entwicklung des iPod durch Apple. Apple hatte erkannt, dass MP3-Player zu groß und unästhetisch sind und ergriff die Chance, ein kleineres, attraktiveres Gerät zu entwickeln: den iPod.
Dann in der Folge verlagerte Apple den organisatorischen Schwerpunkt auf Unterhaltungselektronik und nicht nur auf Computer. Dies hat dazu geführt, dass Apple sowohl den Markt für digitale Musik als auch den für Musikplayer dominiert.
Warum sind Dynamic Capabilities wichtig für ein Unternehmen?
Dynamic Capabilities sind für Konkurrenten schwer zu kopieren, da sie auf den einzigartigen Merkmalen des Managements, den praktizierten Routinen und der Unternehmens- oder Startup-Kultur aufbauen.
Da es sich um eine einzigartige und wertvolle Ressource handelt, können starke dynamische Fähigkeiten als solide Grundlage für einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil dienen.
Das wahrscheinlich größte Problem im Bereich des Managements ist die Beantwortung der Frage, wie Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielen und aufrechterhalten können. Die Globalisierung hat zu grenzüberschreitenden Wettbewerbssituation geführt.
Diese globalisierten Formen des Wettbewerbs haben die Notwendigkeit eines Konzepts geschaffen, um zu verstehen, wie Wettbewerbsvorteile erzielt werden.
Multinationale Konzerne wie Microsoft, Oracle und IBM verfolgen ressourcen-basierte Strategien zum Aufbau nützlicher Technologie-Assets. Dennoch ist diese Strategie regelmäßig nicht ausreichend, um einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.
Erfolgreiche Unternehmen sind oft diejenigen, die ein sich änderndes Geschäftsumfeld früh erkennen und angemessen darauf reagieren können.
Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit bei der Produktinnovation sowie das Potenzial des Managements oder von Intrapreneuren, interne und externe Kompetenzen effektiv zusammenzuführen und neu zu organisieren, sind Merkmale erfolgreicher Unternehmen. Dynamic Capabilities sind hierfür eine der Grundvoraussetzungen.
Die fünf Prozesse des Dynamic-Capabilities-Ansatzes nach Teece
Nach Teece sind drei grundlegende Prozeses erforderlich, um neuen Herausforderungen zu begegnen. Unternehmen und ihre Mitarbeiter müssen in der Lage sein, schnell zu lernen und strategische Ressourcen aufzubauen.
Neue strategische Ressourcen wie Fähigkeiten, Technologie und Kundenfeedback müssen in das Unternehmen integriert werden. Bestehende strategische Assets müssen transformiert oder neu konfiguriert werden.
1. Lernen
In der ersten Phase, dem Lernen, müssen Mitarbeiter und Führungskräfte ihre Routinen neu organisieren. Die Neuorganisation ist erforderlich, um im Unternehmen Interaktionen zu fördern, die zu erfolgreichen Lösungen für bestimmte Probleme führen. Und Teece erkannte diese Notwendigkeit wie bereits erwähnt schon 1997.
Heutzutage gängige Methoden aus dem Bereich des Innovationsmanagements und der agilen Entwicklung von Produkten wie die Lean-Startup-Methode, Design Thinking oder das Konzept des Minimum-Viable-Product (MVP) setzen genau an dieser Erkenntnis an.
Darüber hinaus müssen Funktionsstörungen erkannt und strategische blinde Flecken eliminiert werden. Akquisitionen (Mergers & Acquisitions) und Bündnisse mit neuen Partnern helfen, neue strategische Ziele zu erreichen und Vermögenswerte aus externen Quellen in das Unternehmen durch Asset Deals oder Share Deals zu integrieren.
2. Neue Assets gewinnen und integrieren
Die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens wird durch eine effiziente und effektive interne Koordination sowie die Integration strategischer Assets bestimmt und beeinflusst.
Es werden spezielle Routinen zum Sammeln, Verarbeiten und Verknüpfen von Informationen und Kundenerfahrungen mit grundlegenden Konstruktionsentscheidungen benötigt.
Die Integration externer Technologien und Aktivitäten in Form von Allianzen, Partnerschaften oder virtuellen Unternehmenszusammenschlüssen gewinnen zunehmend an Bedeutung für die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen.
3. Umwandlung existierender Assets
Bereits im Jahr 1993 wurde von den Wirtschaftswissenschaftlern Schoemaker und Amit darauf hingewiesen, dass der Erfolg eines Unternehmens in sich schnell verändernden Märkten von einer Neukonfiguration der bereits existierenden Assets des Unternehmens abhängig ist.
Nur durch eine Neukonfiguration bestehender Vermögensstrukturen sei eine schnelle interne und externe Transformation zu erreichen.
Die Neukonfiguration und Transformation der Vermögenswerte kann durch eine Dezentralisierung, strategische Allianzen und lokale Autonomien erreicht und unterstützt werden.
Seit der ersten Veröffentlichung des Konzepts der Dynamic Capabilities wurde die Theorie durch weitere Prozesse ergänzt. Hierzu zählen die Co-Spezialisierung und die Asset-Orchestrierung.
4. Co-Spezialisierung
Ein weiteres Konzept für Dynamic Capabilities ist die sog. Co-Spezialisierung. Co-Spezialisierung bedeutet, dass bspw. die physischen Assets in Kombination mit den Humanressourcen und dem geistigen Eigentum eines Unternehmens wertvoller sind, als jedes dieser Assets für sich allein betrachtet.
Co-Spezialisierungen verschaffen einem Unternehmen in der Regel einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
5. Asset-Orchestrierung
Wenn Fähigkeiten von gemeinsamen Ressourcen abhängen, ist die Koordinierungsaufgabe des Managements besonders schwierig. Bei Managemententscheidungen sollte die optimale Konfiguration der Assets berücksichtigt werden.
Asset-Orchestrierung bezieht sich auf die verwaltungstechnische Suche, Auswahl und Konfiguration von Ressourcen und Funktionen. Der Begriff soll vermitteln, dass bei einer optimalen Konfiguration von Assets das Ganze mehr wert ist als die Summe der Teile.
Abgrenzung der Dynamic Capabilities zum Effectuation-Ansatz
Dynamic Capabilities und Effectuation werden gelegentlich synonym verwendet. Beide Ansätze sind jedoch klar voneinander abzugrenzen.
Ziel des Dynamic-Capability-Ansatzes ist es, Unternehmen Impulse zu liefern und die verschiedenen Faktoren und Dimensionen der zentralen Fähigkeiten des Unternehmens zu identifizieren, um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.
Der Effectuation-Ansatz beschreibt im Gegensatz dazu die Entscheidungslogik für ungewisse Situationen im Entrepreneurship. Der Effectuation-Ansatz beschreibt nicht die Reaktionsfähigkeit eines Unternehmens auf sich ändernde Marktbedinmgungen, sondern den Versuch, einen Markt selbst zu gestalten.
Mehr Informationen zum Effectuation Ansatz und den Prinzipien dahinter findest du in unserem Blogbeitrag Effectuation: wie erfolgreiche Entrepreneure Entscheidungen treffen.
Welche Vorteile bieten Dynamic Capabilities für ein Unternehmen?
Das Konzept der dynamischen Fähigkeiten von Teece besagt im Wesentlichen, dass es für das Erreichen nachhaltiger Wettbewerbsvorteile und dauerhaft erfolgreiches Handeln auf Unternehmensagilität ankommt.
Der Vorteil der Dynamic Capabilities ist die Fähigkeit, Chancen zu erkennen und zu nutzen sowie Bedrohungen zu begegnen.
Dynamische Fähigkeiten bedeutet, die Wettbewerbsfähigkeit durch Verbesserung, Kombination, Schutz und bei Bedarf Neukonfiguration der immateriellen und materiellen Vermögenswerte des Unternehmens zu steigern.
Zudem beschreibt es die Fähigkeit eines Unternehmens, interne und externe Kompetenzen aufzubauen, zu integrieren und neu zu konfigurieren, um schnell auf sich ändernde Marktbedingungen zu reagieren.
Das Hauptziel der Theorie besteht somit darin, Impulse für Unternehmen zu geben, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen und aufrechtzuerhalten.
Je tiefer die dynamischen Fähigkeiten in der Organisation verankert sind und je weniger sie nur im Top-Management angesiedelt sind, umso erfolgreicher können sie eingesetzt werden.
Welche Dynamic Capabilities besitzt dein Unternehmen? Schreibe sie gerne in die Kommentare.